Sonntag, 6. November 2011

In der Post (2)

"Ich möchte hier was aufgeben."
"Sicher, gerne. Paket, Brief...?"
"Mein Leben."
"Äh, wie?"
"Ja, ich möchte mein Leben aufgeben."
"Aber wir nehmen nur Verpacktes!"
"Och, das lässt sich leicht verpacken, es ist relativ inhaltslos und leer."
"Gut, dann wird's nicht teuer."
"Ach, lieb und teuer war's mir zwar mal, aber jetzt..."
"In dem Fall wollen Sie es also nicht eingeschrieben schicken?"
"Ach nein, zu viel des Aufwandes. Und wenn es unterwegs verloren geht, ist es auch nicht schlimm."
"Möchten Sie ein normales Paket oder soll ich es ausstopfen?"
"Ausstopfen? Nein, sicher nicht. Mein Leben im Museum, die Besucherzahlen würden im ersten Moment gegen null tendieren."
"Nein, ich meinte eigentlich, ob ich das Paket mit etwas Zeitungspapier auffüllen soll, damit nichts kaputt geht!"
"Och, da gibt es nicht viel, was noch kaputt gehen könnte. Alles morsch und verbraucht."
"Wie Sie meinen. Soll ich es A- oder B-Post schicken?"
"Das ist egal. Von mir aus auch C, es wartet schliesslich niemand."
"C gibt es nicht, also B."
"Jaja, von mir aus."
"So, jetzt bräuchte ich noch die Adresse."
"Mist, da habe ich keine. Was mache ich jetzt?"
"Hmmm, ohne Adresse wird der Versand wirklich schwierig!"
"Aber ich will mein Leben loswerden, ich muss es schicken! Könnten nicht Sie...?"
"Also, nein! Was soll ich denn mit Ihrem Leben anfangen?"
"Sie könnten es eventuell aufhängen - als abschreckendes Beispiel!"
"Ich muss niemanden abschrecken!"
"Ich gehe hier also nicht raus, ehe ich mein Leben losgeworden bin!"
"Ja, das glaube ich Ihnen."
"Was soll ich denn jetzt tun?"
Hmm, Sie könnten Ihr Leben rausgeben?"
"Wie, rausgeben?"
"Ja, als Taschenbuch! Wir führen jetzt auch Taschenbücher! Sie wären Ihr Leben los und ich hätte einen weiteren Ladenhüter."
"Mein Leben soll Ihren Laden hüten? Da kann ich ja gleich Türsteher werden!"
"Es war nur ein Angebot!"
"Aber ein blödes! Jetzt helfen Sie mir doch!"
"Ah, ich habe eine Idee! Wir könnten Ihr Leben nach Griechenland schicken! Als Hilfspaket!"
"Gut, das machen wir. Auf eine Null mehr oder weniger kommt es dort unten schliesslich nicht an."

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