Rest- und Sondermüll

Montag, 7. Mai 2012

Was ist tot und saugt Blut auf?

Ein Schwammpir.

Freitag, 30. März 2012

Aus einem Partnersuchinserat

Puzzleteil gesucht

Erst eine kurze Erklärung: Ein Puzzle ist ein Legespiel / -rätsel, im Dialekt auch "Zusammensetzlein" genannt. Dabei werden einzelne Teile so zusammengestellt, dass am Schluss (meistens) ein Bild entsteht. Ein Problem dabei kann entstehen, wenn so ein Teil fehlt, z.B., wenn es verloren gegangen ist.

So ein Puzzle hat aber auch einen direkten Bezug zum realen Leben. Dazu zwei Zitate aus den alten Schriften des Waisen Pangasius:

"Lege das Puzzle zu Ende und du wirst ein Bild erkennen, ausser du legst die Teile verkehrt herum, dann wirst du ein einfarbiges Viereck sehen"

...

Samstag, 22. Oktober 2011

Froschschenkel

Es sprach
der Gourmet
im Park:
"En Teich ohni Laich isch en Seich."

Freitag, 21. Oktober 2011

Wie wunderbar wärmt's mir den Wanst..

„Ist hier noch frei?“
„Bitte.“
„Danke. Oh, es hatte Erdbeertorte? Die habe ich ja gar nicht gesehen!“
„Ja.“
„Sieht wirklich gut aus. Ich mag Erdbeertorten mit Vanillefüllung. Rahm ist mir ein wenig zu fade.“
„Mhm.“
„Schmeckt sie? Essen Sie ruhig, ich will sie nicht stören.“
„Ähm…ja.“
„Und?“
„Ja, ist fein.“
„Sind die Erdbeeren schon süss? Meistens warte ich, bis Schweizer Erdbeeren auf dem Markt sind.“
„Mhm.“
„Da muss ich das nächste Mal wirklich besser aufpassen – jetzt sitze ich hier mit meinem trockenen Rüblicake und sehe immer ihre Erdbeertorte vor mir!“
„Es hat sicher noch.“
„Aber kann doch nicht zwei Stück Torten am gleichen Tag kaufen!“
„Hm.“
„Schauen Sie mal dort drüben! Dieser lustige Mann mit den Segelohren!“
„Was??“
„Hmmmm….“
„He! Aber sonst’s geht’s noch? Sie können doch nicht einfach in meiner Erdbeertorte herumstochern!“
„Sie sah eben schon sehr fein aus.“
„Spinnen Sie eigentlich! Das halbe Stück ist weg!“
„Ach, nun stellen Sie sich nicht so an, Ihnen bleibt ja noch die andere Hälfte. Wollen wir diese teilen?“
„Sonst geht’s Ihnen noch gut?“
„Sicher. Und mit dem Rest dieser Torte ginge es mir sogar noch besser!“
„Also wirklich! Den Anstand haben Sie wohl zu Hause gelassen?“
„Seien Sie doch froh, dass ich nicht das ganze Stück genommen habe!“
„Wenn Sie so weitermachen, beschwere ich mich beim Personal!“
„Wegen so einer Lappalie machen Sie ein solches Büro auf? In anderen Weltgegenden verhungern Menschen!“
„Hä? Was hat denn das jetzt mit meiner Erdbeertorte zu tun??“
„Direkt nichts. Aber indirekt besteht sicher ein Zusammenhang!“
„Ach, blasen Sie mir doch in die Schuhe. Kann ich jetzt in Ruhe fertigessen?“
„Sicher. Machen Sie nur….mögen Sie noch? Es war schliesslich schon ein sehr grosses Stück und in Ihrem Alter verträgt man sowas nicht einfach so, ohne dass es auf die Linie schlägt…“
„Sie sind wirklich das Letzte. So eine Frechheit! Wenn das nicht der letzte freie Tisch wäre, wäre ich längstens gegangen, das können Sie mir gerne glauben.“
„Ja, da haben Sie wirklich Pech. Aber es gibt schliesslich schlimmeres!“
„Zum Beispiel hungernde Kinder, ich weiss.“
„Ich sehe, Sie lernen schnell. Haben Sie gesehen? Der Rand ist gezuckert. Der schmeckt sicher besonders gut!“
„He, jetzt lehnen Sie sich doch nicht so weit rüber, Sie sabbern mir nächstens auf den Teller!“
„ Wissen Sie…„Ich hinterlasse Spuren, sagt die Lust. Das Verlangen meint: ich nur fast!“ Und Sie sind ja schon ein bisschen selbst schuld. Wenn Sie mir die Hälfte der Hälfte gegeben hätten, hätten Sie jetzt Ruhe.“
„Sie können einem wirklich den Tag vermiesen.“
„Dann essen Sie halt in Gottes Namen den Rest selbst. Man könnte wirklich meinen…“
„Heee! Gopf, jetzt werde ich aber wirklich langsam hässig! Sie haben aus meiner Tasse getrunken! Sie…!“
„Hach, wie wunderbar wärmt’s mir den Wanst! Mit so einem Schlückchen Kaffee sieht die Welt gleich anders aus!“
„Werde Sie jetzt poetisch?“
„Gefällt Ihnen das?“
„Mir gefällt überhaupt nichts mehr! Eher wird mir langsam schlecht.“
„Das hätte ich Ihnen gleich sagen können, die Torte war zu viel für eine Person!“
„Ich vertrage sehr gut sehr viel Torte, nicht aber solch impertinente Gesellschaft!“
„Finden Sie Fremdwörter auch so schön? Fast ein bisschen wie Lyrik.“
„Jetzt hören Sie doch auf mit dem Geschwafel. Sie gehen mir auf die Nerven!“
„A propos Nerven: Möchten Sie ihr Kaffeerähmchen?“
„Bitte? Wie kommen Sie jetzt von Nerven zu meinem Kaffeerähmchen?“
„Wenn Sie das nicht erkennen, habe ich Sie überschätzt. Darf ich jetzt Ihr Rähmchen?“
„Da Sie meinen Kuchen gegessen und meinen Kaffee gesoffen haben, kommt es auf das Rähmchen auch nicht mehr an. Bitte.“
„Sie brauchen gar nicht so pampig zu tun. Fänden Sie es etwa besser, das Rähmchen würde seines Zweckes beraubt und unkonsumiert fortgeschossen?“
„Fortschiessen möchte ich momentan vor allem etwas: Sie auf den Mond!“
„Also, ich nehme mir jetzt das Rähmchen. Es ist ein schönes. Eigentlich sollte man es einrähmchen!“
„Wollen Sie nicht langsam gehen und mich hier in Ruhe lassen?“
„Ich finde es sehr gemütlich mit Ihnen!“
„Da sind Sie aber der einzige!“
„Also, so schlimm sind Sie wirklich nicht. Hm, mir fällt gerade auf, Sie haben sehr schöne Augen!“
„Ich weiss. Wollen Sie die mir etwa auch noch wegnehm- he, geben Sie meine Brille her!“
„Die steht mir sicher auch, oder“
„Sie haben wirklich eins am Sender! Her mit meiner Brille, aber sofort!“
„Vielleicht färbt die Brille ab und meine Augen werden auch so verlockend schön wie Ihre!“
„Sie haben jetzt dann gleich ein blaues Auge, wenn Sie mir nicht sofort die Brille geben!“
„Wir befinden uns in einem gewaltfreien Restaurant. Sie werden sich doch zu benehmen wissen.“
„Es stellt sich die Frage, wer sich hier nicht zu benehmen weiss, wohl nicht!“
„Machen Sie nicht so verschachtelte Sätze, das steht Ihnen nicht.“
„So, jetzt reicht es mir. Ich gehe.“
„Oh, das würde ich mir aber zweimal überlegen. Oder wollen Sie ohne Brille in den nächsten Pfosten laufen und sich die Nase anstossen?“
„Dann geben Sie mir jetzt die Brille!“
„Wie heisst das Zauberwörtchen?“
„Hä?“
„Nein!“
„Was, nein?“
„Das Zauberwörtchen heisst anders!“
„Bitte! Und jetzt her damit.“
„Weil Sie es sind. Sie kriegen sonst ja noch einen Herzkaspar, wenn Sie sich so aufregen.“
„Langsam komme ich mir vor wie bei der versteckten Kamera.“
„Ah, sind Sie kamerageil?“
„Ich sage jetzt einfach nichts mehr.“
„Schön. Dann kann ich endlich in Ruhe das Rähmchen austrinken. So fein!“

Sonntag, 4. September 2011

Nicht lustig.

Am Ufer: Was machen Lachmöven?
Sie grinsen in den Binsen.

Sonntag, 31. Juli 2011

Im Wald ist es nicht einfacher, aber schöner.

Mit stummem Protest schiss Dachs Walter ein Kirschkernhäufchen mitten auf den Waldweg. Er drückte, es ploppte und Walter verschwand in der Dämmerung zwischen den Stämmen. Seine Wut im Bauch rumorte, sogar ohne Kirschkerne. Jemand hatte ihm ein Robidogsäcklein - gefüllt! - vor seinen Bau gelegt. Den ganzen Tag über hatte das Säcklein vor sich hin gestunken und Walter vom Schlafen abgehalten. Klar war: Wenn er das Säcklein nicht selbst entfernte, würde es bis in alle Ewigkeiten dort liegen. Walter wusste nicht, ob es sich beim Säckchen um einen politischen Anschlag handelte oder ob ein gedankenloser Hundehalter zu faul gewesen war, das Säckchen sackgerecht zu entsorgen. Möglich war beides: Walter war in der SVP (sogar auf Gemeindsebene) und unter Hundehaltern war Faulheit weit verbreitet.
Der wütende Walter biss in einen Eierschwamm, spuckte ihn gehässig aus, machte einen Abstecher zum wilden Kirschbaum, stopfte sich mit den schwarzen Kirschen voll und kehrte dann zu seinem Bau zurück. Von weitem sah er das üble Säckchen rot leuchten. Es stank nach wie vor. Der Farbe wegen vermutete Walter im Fall einer politisch motivierten Tat einen Sozi als Drahtzieher. Andererseits gab es in diesem Wald nur noch Robidogspender mit roten Säckchen. Sei es, wie es wolle: Dieses Ding musste jetzt weg. Walter stopfte sich zwei kleine, noch grüne Kieferzäpfchen in die Nasenlöcher, atmete über die Schulter tief durch den Mund ein und gab dem Säckchen mit einem Zweig einen Schups. Und noch einen und noch einen. Nach fünf Minuten hatte er das Säckchen ausser Sicht- und Riechweite zu seinem Bau bugsiert. Gerade, als er die Zäpfchen aus den Nasenlöcher nehmen und tief durchatmen wollte, hörte er ein Blätterrascheln. Er dreht sich um. Nein! Heute musste sein Pechabend sein! Vor ihm stand Maribelle! Sein aus der Ferne (das heisst vom Waldboden zu den Baumwipfeln empor) angeschwärmtes Eichhörnchen. Und er stand da wie ein Depp mit Zäpfchen in der Nase und einem vollgefressenen Ranzen.
Er schämte sich aber vergebens. Denn Maribelle sah ihn nur flüchtig und mit gehetztem Blick an - sie nahm ihn nur halb wahr, wenn überhaupt.
"Haben Sie mein Eckernversteck gesehen?", nuschelte sie, ihre buschigen Öhrchen drehten sich dabei in alle Richtungen. Jetzt wusste Walter, was es geschlagen hatte. Die Dame litt unter akutem Heisshunger! Und ebenso klar war auch, wieso. (Walter war stets informiert, als Gemeinderat war das Pflicht. Deshalb las er auch regelmässig Annabelle und FHM.) Maribelle war eine Jüngerin der Weitwatschler-Bewegung! Diese Fitness- und Finöggelifigurfreaks hatten stets einen Schrittzähler im Sack, liefen und gingen ihrer Umwelt den lieben langen Tag auf eben jenen und assen nur im Notfall. Also eigentlich nie, ausser im Versteckten. Maribelle schien ein neues Mitglied dieser Bewegungsbewegung zu sein und das Fasten noch nicht so gewohnt.
Walter war ratlos. Wo sollte er jetzt Nüsse oder Eckern oder Eicheln herkriegen, wenn nicht sammeln. Sammeln kam nicht in Frage, Walter war eher der Jäger. Ausserdem hing ihm immer noch der Robidogsackgeruch in der Nase, Esswaren zu erschnüffeln würde somit schwer werden.
In seiner Verlegenheit riss er sich die Kiefernzapfen aus der Nase und streckte sie Maribelle hin.
Maribelle reagiert leicht düpiert/entsetzt/geekelt.
"Äh...wäh!", machte sie. Hunger in Ehren, aber grüne Zapfen mit Dacksrotz - nein, danke.
Rückwärts wich sie von Walter zurück. Sie befürchtet, er könnte ihr noch weitere grausige Angebote machen, wenn sie ihn nur liesse.
(Man könnte Maribelle nun prompt in das Robidogsäcklein laufen lassen. Aber das wäre dann doch zu platt. Wir sind hier nicht im Bananenschalenkabarett.) Und weil Maribelle nicht rückwärts klettern konnte, drehte sie sich, als sie hinter sich einen Baumstamm spürte, blitzschnell um und eilte die Buche empor.
Walter sah ihrem schönen Rücken hinterher. Er fühlte sich ungefähr so wie der Robidogsäckcheninhalt sein musste.
Völlig verstimmt verzog er sich in seinen Bau, schmiss sich auf sein Laublager und griff zu seiner Bettlektüre. Leider konnte ihn der NZZ-Wirtschaftsbund auch nicht wirklich aufmuntern. Denn der DAX, sein Lieblingsaktienindex, kannte seit ein paar Wochen nur eine Richtung: Die nach unten. Deprimiert schmiss er die Zeitung weg. Er verdreht die Augen, kräuselte seine Barthaare und hoffte auf bessere Zeiten.
Er hoffte eine ganze Nacht lang. Sie kamen nicht. Als endlich die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach helle Flecken auf den Waldboden malten, boxte Walter sein Laublager zurecht und wollte schlafen. Es blieb beim Versuch. Kaum hatte er sein Haupt auf die Vorderpfoten gelegt, hörte er ein lautes "go grahahahse, go grahahahse" durch den Wald schallen. Fuchsteufelswild stapfte er vor seinen Bau. Und meinte, er sähe nicht recht: Das Robidogsäcklein kam in vollem Garacho auf ihn zugerast! Schon wollte er vor dieser Kotkugel in seinen Bau zurückweichen, als das Säckchen zu pfeifen anfing. Er rieb sich die Augen und schaute genauer. Da erkannte er, dass es sich beim roten Raser um Maribelle handelte, rennend und pfeifend und in ein rotes Trainerjäcklein gehüllt. Wo sie das nur wieder herhatte...Walter schüttelte den Kopf. Tiere in Kleidern fand er etwas affig. Trotzdem würde er bei Maribelle natürlich eine Ausnahme machen und sie grossartig finden. Und überhaupt, er hatte noch etwas gutzumachen. Trotz der für einen Dachs höchst unpässlichen Tageszeit strich sich Walter über die Schnauzhaare und preschte Maribelle hinterher. Es galt, sie einzuholen und dann. Dann würde man sehen.
Maribelle rannte wie vom Igel gestochen durchs Unterholz, Walter keuchte hinterher. Und bereute seine Wampe sehr. Leider dachte Maribelle aber weder daran, ihr Tempo ihrem Verfolger wegen zu drosseln, noch auf dem Boden zu bleiben. Plötzlich ging sie in die Senkrechte und liess Walter zurück. Da stand er dann, wie bestellt und nicht abgeholt. Maribelle sauste oben von Ast und zu Ast, das Blätterrascheln verschwand. Und jetzt hörte Walter es wieder: "Uf de gümelige Bärg" , krähte es vielstimmig. Und sehr nahe. Walter schaudert. Wenn ihn etwas nervte, waren es Menschenstimmen. (Abgesehen von Hundehaltern und linken Ratten.) Zu seinem Glück fürchteten sich die meisten Zweibeiner abends im Wald, so dass er in Ruhe seinen Geschäften nachgehen konnte. Jetzt aber, am späten Morgen, schienen sie sich pudelwohl zu fühlen. Und weil Walter jetzt sowieso nicht hätte schlafen können, wollte er ein wenig Voyeur spielen. Er schlich dem Gesang entgegen und äugte hinter einem Baumstrunk hervor. Eine Waldspielgruppe! Walter standen die Haare zu Bergee . Als glühender Verfechter traditioneller Rollenverteilung verurteilte er jegliche Art frühkindlicher Gruppenbildungen ohne Mütter! Und wenn sie dann noch so auf alternativ und nachhaltig und ökologisch getrimmt waren - ein Graus!
Gesungen hatten die Kinder nun allem Anschein nach genug, es musste gespielt werden.
"Yanikkkkk, was fühlsch?", fragte gerade die Leiterin. Ein kleiner Wicht mit harten Haaren wühlte im Blätterhaufen vor sich herum, sein Gesicht ein einziges Fragezeichen.
'Ob sie ein pädagogisch wertvoll gefülltes Robidog-Säcklein unter dem Laub versteckten haben', fragte sich Walter hämisch. Nichts dergleich, Yanikkkk zog eine Rosskastanie hervor. "En Nuss mit Stachle!" Walter schüttelte den Kopf. Kein Wunder, ging es mir der Menschheit bergab.
"KKKKKevin und Lena-Barbara-Luna, holt ihr bitte euer Znüniböxli, es ist Zeit für eine Pause!" Aha, die Leiterin schien soeben ihr Dialekt-Soll für den Vormittag abgearbeitet zu haben und durfte jetzt in die Schriftsprache wechseln. Walter konnte sich ein empörtes Grunzen nur knapp verkneifen. Von gepflegtem Dächsisch abgesehen fand er alle Sprachen Mist.
Als er wieder hinter seinem Baumstamm hervorlinste, sassen die Kinder im Kreis und assen. Yannickkkk hatte soeben mit Mühe eine Banane geschält. Kaum wandte die Betreuerin ihm den Rücken zu, pfefferte er sie hinter sich ins Gebüsch und grinste beifallheischend in die Runde. Leider waren die anderen Kinder zu beschäftigt, ihre politisch korrekte Pausennahrung vorzuführen: zu Rhinozerossen geschnitzte Karotten und zu Solaranlagen gebastelte Maxhavelaar-Honigbrötli. Walter allerdings, ihm war der Bananenschalenwurf keineswegs entgangen. Sein Dachsbarte zitterte, so ärgerte er sich. Wollte dieser Bengel hier im Wald eine Bananenplantage züchten, oder was? Schnell schlich sich Walter zur Schale und schmiss sie zurück. Volltreffer! "Zmitzt i Pfrässi!" murmelte er zufrieden und dampfte ab.
Weit kam er allerdings nicht. Schon bei der nächsten Waldlichtung stiess er wieder auf die menschliche Plage, jetzt aber der ausgewachsenen Sorte. Walter trippelte von Baunstamm zu Baumstamm und näherte sich so einem Szenario, wie es ihm noch niemals zuvor in seinem Wald begegnet war. Etwa zehn Männer und Frauen standen beisammen, alle gebückten Hauptes und mit hängenden Schultern. Es war ein trauriges Bild! Die meisten blickten mit leeren Augen zu Boden, einige hielten sich an den Händen. Walter war verwirrt. Wohnte er hier einer Beisetzung bei oder waren diese Gestalten sonst nicht ganz bei Trost? Nun - so, wie Walter die Menschen kannte, waren sie an ihrem Elend sowieso selbst schuld. Sein Mitleid hielt sich deswegen auch in Grenzen, als einer der Männer tatsächlich zu heulen anfing. Walter schüttelte verdrossen den Kopf. Eine Blamage für die ganze maskuline Welt! Jetzt aber ging plötzlich die Post ab: Eine der Frauen klatschte in die Hände und rief: "So! Und jetzt tiiiiieeff einatmen und die Seele des Waldes in euch aufnehmen! Füllt euren Sakralkörper mit dem Urgeist der Natur! Ihr werdet spüren, wie es euch nährt!"
Ähm - was?? Walter kamen bei diesem Geschwurbel beinahe die Kirschen hoch. Er musste in einer Wald-Therapiegruppe gelandet sein. Vor einigen Monaten hatte er zwei Spaziergängerinnen belauscht. Die eine schwärmte vom Gruppenerlebnis, als sie in einer depressiven Phase mit anderen Deprimierten in den Wald ging und dort ihr Unglück einer Tanne anvertraute. Walter vermutete damals, diese Dame sei nicht ganz zurechnungsfähig gewesen. Tannen! Die unsensibelsten und geschwätzigsten aller Bäume! Er hätte sich lieber sein langes Zünglein abgebissen, als jemals einer Tanne sein Leid geklagt! Hastdunichtgesehen -schon weiss es der ganze Wald.
Walter wartete gespannt, ob sich diese Gruppe blindlings ihrem Henker ausliefern würde. Viel Geduld brauchte er nicht und gute Ohren noch weniger. Die Tätschmeisterin der Truppe proletete nun nämlich über die ganze Lichtung: "Soooo, meine Lieben! Nun wird es so richtig schön! Sucht euch einen Baum aus - ganz intuitiv! Lasst euch von eurem Herz leiten! Und dann: Umarmt ihn! Übergebt ihm alle Last, er wird sie tragen!" Walter machte grosse Augen, als darauf hin tatsächlich jedes Gruppenmitglied zu einem Baum marschierte und diesen an sich drückte.
Die armen Buchen, Eichen, Fichten. Sie würden noch tagelang nach Mensch stinken. Walter furzte leise. Eine Schweinerei!
Als der dann noch mitansehen musste, wie gewisse Damen und Herren sich regelrecht an den Baum kuschelten und einige Tränen herauspressten, wurde es ihm selbst leicht depressiv zu Mute. Nichts wie weg, ehe einer oder eine dieser Niedergeschlagenen die Zunge in ein Astloch steckte, um dem Baum auch noch das letzte der schlechten Gefühle einzuflössen. Pfui! Pfui!
Walter seufzte tief, machte rechtsumkehrt und liess die Baumdrücker hinter sich.
Missmutig zottelte er durch Unterholz. Nicht zum ersten Mal dachte er über eine grössere Geldspende aus dem kommunalten Wald- und Wiesenfonds an den Vatikan nach. Wenn es nach ihm ginge, würde er Sex unter Menschen nicht nur vor, sondern auch nach der Ehe strikte verbieten. Leider hatte er kannte er die Kontonummer des Papstes nicht.
Die Sonne schien immer stärker durchs Blätterdach, Walter wurde zusehends schläfriger und so haute er sich in den nächstbesten Blätterhaufen und schloss die Augen.
Er schlug sie erst wieder auf, als die Baumstämme im Dämmerlicht mit den Brombeerbüschen zu verschmelzen schienen. Walters Lieblingszeit! Die Menschen verlassen den Wald, zurück bleiben die Tiere und die Stille.
Walter wollte sich auf einen gemütlichen Bummel durch die hereinbrechende Nacht machen, hoffend, entweder auf Maribelle oder wenigstens auf ein paar ihrer Nüsse zu stossen. Da hörte er ein Geräusch. Es kam von der Waldlichtung her - schon wieder. Erst hörte er ein Huhn verzweifelt gackern, dann erklangen Töne, die Walter noch nie zuvor gehört hatte. Obwohl er sich sonst nicht zu den neugierigsten Waldbewohnern zählte (im Gegenteil: Das allermeiste war ihm schnurzegal), schlich Walter näher.
Dort bot sich ihm ein Schauspiel, das sich vom nachmittäglich komplett unterschied: Ein gutes dutzend dunkle Gestalten hatten sich in einem Halbkreis aufgestellt. Die meisten trugen Mäntel mit Kapuzen, einige hatten sich Ketten umgehängt. Vor ihnen stand ein Tisch, der mit einem schwarzen Tuch bedeckt war. Hinter dem Tisch stand ein grosser Mann, dessen weissgeschminktes Gesicht Licht zweiter Kerzen gespenstisch leuchtete. Walter erschauerte. Das war ja ganz gruslig! Noch grusliger wurde es ihm, als er sah, was auf dem Tisch lag: Die Henne Friedericke! Ohne Kopf! Walter erkannte sie deutlich an ihrem Klumpfuss, der akurat in die Luft ragte. Obwohl Walter hin und wieder ein Ei aus dem Hühnerstall des Bauern Werdenberg gemopst hatte, pflegte er mit den Hühnern ein einigermassen gutes Verhältnis. Mit anderen Worten: Er ging den Hennen geplegt aus dem Weg, um ihr hysterisches Gegacker nicht mitanhören zu müssen. Insbesondere Friedericke gackerte meist, was die Stimmbänder hergaben. Ein solches Ende hatte aber selbst Friedericke nicht verdient!
Nur zehn Meter von Walter entfernt begann jetzt der Zeremonienmeister sonderbare Worte zu murmeln. Die übrigen Mitglieder dieses dunklen Vereins hoben die Hände und begannen zu summen. Walter erschauerte. Er hatte inzwischen begriffen, dass er hier quasi einer okkulten Messe beiwohnte. Vor ein paar Wochen hatte er darüber in der Zeitung gelesen. Leider hatte er den Artikel in seinem Bau herumliegen lassen. Die Regenwürmer, die von seiner Decke hingen, trugen seither schwarze Bauchbinden. Es sah lächerlich aus.
Gar nicht zum Lachen fand Walter allerdings, was jetzt mit Friedericke geschah. Klar, sie war schon tot (oder sie tat zumindest so). Aber dass ihr dieser Schweinepriester nun auch noch Räucherstäbchen in den Bauch stossen und die Flügel abreissen musst - das grenzte schon fast an Totenschändung! Walter wandte den Kopf ab. Dieses blutige Tun war selbst für seinen stabilen Magen zuviel. Ihm war leicht schlecht. Und er wollte Rache! Rache für Friedericke, die ihm noch manches gute Ei hätte legen sollen! Rache für den Missbrauch dieser friedlichen Waldlichtung und Rache für die Verpestung der zärtlichen Waldluft!
Er ballte seine Pfote und machte sich davon.
Nicht weit von der Lichtung entfernt stiess er auf einen alten Armeejeep. Dieses Gefährt war am Nachmittag noch nicht da gewesen, dessen war sich Walter sicher. Es musste den schwarzen Brüder und Schwester gehören, die dem Lärm nach zu urteilen, jetzt einen wahren Hexentanz aufführten. Walter hörte ihr Stampfen bis hier hin.
Er blinzelte listig und kroch unter den Jeep. Mit Autos kannte er sich aus. Schon als kleiner Dachswelpe hatte er mit seinem Cousin immer wieder des Auto des Oberförsters, ähm, angenagt.
Walter zwängte sich durch die Karosserie bis zu den Brems- und Zündkabel. Diabolisch grinsend öffnete er sein Maul, liess die Zähne blitzen und wollte ins dickste Kabel beissen.
"Heeeh, nicht!" Oh. Ein sprechendes Kabel? Walter hielt verdutzt inne - mit offenem Maul. Ob. Ein sprechendes und sich bewegendes Kabel? Er schaute genauer hin (aber in der Karosserie war es halt schon verdammt dunkel). Und er blickte direkt in zwei bernsteinfarbige Augen! "Hast du Hunger oder willst du einfach dein Mütchen kühlen", fragte da das Kabel mit den wunderschönen Augen.
"Ähm." Walter fühlte sich durchschaut. Und verwirrt - und überhaupt ganz durcheinander. Vor ihm räkelte sich die schönste Blindschleiche, die er je gesehen hatte.
"Falls du nicht mich beissen wolltest: Erfreut, mein Name ist Susy mit Ypsilon. Falls doch: Nicht erfreut", zischelte die Blindschleiche.
"Oh...äh...", Walter hatte sich immer noch nicht erholt.
"Ja, das sagtest du bereits. Soll ich dich Ohäh nennen oder hast du noch einen anderen Namen?" Oha. Susy schien ein geschliffenes Mundwerk zu haben. Walter war hin und weg. Er mochte resolute Damen!
"Ahähm, ich bin Walter!", beeilte er sich zu sagen. "Und natürlich wollte ich nur das Bremskabel zerb-"
Der Rest des Satzes ging in einem lauten Geschepper unter. Die Kühlerhaube zitterte, der Motor startet.
Mist, verdammter! Walter und Susy sahen sich einigermassen entsetzt an. Sie hatten in ihrer Vorstellerei überhört, dass die Menschen im Auto Platz genommen hatten. Und jetzt fuhren sie tatsächlich in dieser Höllenmaschine durch die Nacht!
Der Motor wurde mit jeder Sekunde wärmer, Walter begann zu schwitzen wie ein Schwein. Aber auch Susy sah je länger desto mitgenommener aus. Sie hatte vor allem mit den Benzindämpfen zu kämpfen, die ihre feine Nase zur Implosion zu bringen drohten. Walter war dank des stinkenden Robydog-Säckleins ja härtere Kost gewöhnt.
Es rumpelte und schaukelte und dauerte und dauert. Endlich, Walter befand sich schon fast im Zustand der Auflösung, stoppte der Karren. Die Menschen stiegen aus und mit einem Mal war kein Laut mehr zu hören.
Vorsichtig hob Walter die Kühlerhaube und blickte hinaus. Auch Susy schob ihr kleines Köpfchen durch den Schlitz. Sie atmete tief ein und aus. Es roch zwar nicht besonders fein, aber besser als im Motor allemal.
"Jetzt beisse ich noch kurz die Kabel durch und dann hauen wir ab", schlug Walter vor. Susy nickte und beobachtete ihn bewundernd, wie er sämtliche Kabel feinsäuberlich entzweite. Mit ihren blinden Zähnen würde ihr sowas nie gelingen.
Als Walter sein Werk vollendet hatte, wickelte er sich die willige Susy um den Haus, kletterte aus der Kühlerhaube und liess sich auf den Boden plumpsen. Er fiel weich und
"Hngggkk, waschdennlooos!?" Walter rappelte sich in Windeseile auf, er war auf einem Mensch gelandet! Und nicht nur auf einem Mensch, sondern auf einer stinkenden Schnapsleiche!
Als sich dieser Kerl in Sitzlage stemmte, liess er einen tiefen Rülpser hören. Aus seinem Mund wehte eine Fahne eifrig im Wind.
"Eh...verflucht, dieser Absinth isscht der Toood! Da sind...Zzzzootiere hier!"
Walter liess ein empörtes Fauchen hören. Wurde er gerade mit einem Elefanten verwechselt? Oder machte ihn hier jemand zum Affen??
Als er sah, dass der Besoffene in seiner Hosentasche zu wühlen begann, trippelte er geschwind in eine dunkle Ecke. Fehlte noch, dass er hier für eine Tatsache gewordene Halluzination gehalten und abgeknallt wurde!
Glücklicherweise fand Walter sofort die Hofausfahrt. Komisch - er hatte sich die Stadt immer voller Menschen vorgestellt. Aber bis auf den Säufer schien es hier niemanden zu geben. Zum Glück! Er hatte vom Menschenvolk die Nase gestrichen voll.
Mit Susy um den Hals liess er sich von seinem Instinkt leiten, der besser als jedes GPS wusste, wo sein Wald, sein Bau, seine Heimat war.
Ein Weilchen kamen sie gut voran. Susy erzählte Walter Blondinenwitze, die sie selbst ganz besonders lustig fand, weil sie weder Haare hatte noch doof war. So lief er fast wie von selbst durch die nächtliche Stadt.
"Du, kein Problem! Das macht total Sinn! Kann ich sicher, alles voll easy!" Aha. Die Stadt war also doch nicht ausgestorben. Walter drückte sich rasch hinter einen Mülleimer, als ein grosser Mann daherkam und in sein Handy proletete. Dass diese Gestalten aber auch immer nicht nur zeigen mussten, dass sie die Grössten waren, sondern dass sie es auch laut zeigen mussten - das ging Walter nicht in den Kopf. Seine Halsschlagader schwoll gefährlich an, so ärgerte er sich. Wie gut, dass Susy als Kaltblütler sie etwas kühlte.
Weiter und weiter marschierte Walter, durch Strassen und Gassen. Dann aber leitete ihn sein Instinkt zu einer Fussgängerpassage, die über eine arenenähnlichen Platz führte. Und auf diesem Platz wimmelte es trotz später Stunde von Menschen! Alles in Walter sträubte sich. Er biss auf seine Stockzähne und zwang sich, weiterzugehen. Die Menschen lärmten und kreischten, es war grauenhaft.
"Was ist denn da los", fragte Susy - sie war schliesslich eine Frau und nur schon deshalb neugieriger als Walter. "Lass uns doch mal übers Geländer spähen", forderte sie.
Walter wollte ihr diesen Wunsch selbstverständlich nicht abschlagen. Er lehnte sich über das niedrige Mäuerchen und blickte auf die Menschenansammlung unter ihnen.
"Casting, Casting, Casting! Die Welt sucht den Superhausmann!"
Ähmpf. Musste das sein? Walter verzog seine Schnauze. Er war gegen Rollenteilung, er war gegen Hausmänner und gegen alles, was super war, war er sowieso. (Seine spezielle Abneigung gegenüber Hausmännern rührte daher, dass diese Spezies öfters des Nachmittags die Hausarbeit ruhen liessen und dafür mit ihren Bälgern an den Waldrändern mit Farbpistolen spielten. Die Bäume sahen danach aus wie moderne Kunst. Die Walter ebenfalls auf die Nerven ging, aber das ist eine andere Geschichte.) Vom Platz unten schallte es jetzt: "Sooo, und jeeeetzt! Nach dem Monsterwindelwickeln ein neuer Tschällängsch! Der oberabsolutaffengeile Babybreikochcontest! Jetzt könnt ihr zeigen, Männer, wer die Frau am Herd ist, hahaa!"
Walter und Susy machten grosse Augen, als fünf Männer in riesigen Töpfen zu rühren begannen. Milch schäumte auf, irgendwelche Pülverchen wurden beigegeben und Griesse eingerührt. Gleichzeitig taten die Männer oberwichtig und schwurbelten von "ausgesuchtes, handverlesenes Pulver" und von "linksgedrehte Aminosäure, damit es bei der kleinen keine Allergie auslöst". Aha. Walter war froh, dass er das nicht essen musste. Susy allerdings war vom Duft ganz angetan. Sie hob ihr Näschen, beugte sich dem Wohlgeschmack entgegen und -
fiel drei Meter in die Tiefe, genau in einen Breitopf!
Walter erstarrte vor Schreck - eine Katastrophe! Seine Susy, so kurz kannte er sie, so lieb hatte er sie schon gewonnen! Und jetzt? Zerronnen, zerkocht, in einem Topf voll Brei!
Unten auf dem Platz gab es einen kleinen Tumult. Der Mann, in dessen Topf Susy gefallen war. glotzte entsetzt in den Brei. Als Susy sich windend an die Oberfläche der zähen Masse kämpfte und ihr Köpfchen hob, sah sie aus wie eine kleine Nessie - eigentlich richtig schön, mit einem Krönchen Brei und einem griesskörnigen Augenaufschlag. Der Koch hatte aber für solche Feinheiten keinen Nerv. Wütend packte er Susy und schleuderte sie nach hinten in die Büsche.
Das Publikum grölte und lachte über den vermeintlich inzenierten Zwischenfall: "Wir wollen Dschungelcamp! Wir wollen Dschungelcamp!"
Walter aber rannte wie vom Teufel gebissen zum Gebüsch und suchte nach seiner Susy.
Dort lag sie. Hellgelb gesprenkelt und ziemlich durcheinander. Aber sie lebte! Und leckte sich eifrig die letzten Breispuren vom Leib.
Walter dermassen froh, sie heil wiederzusehen, dass er ein kleines Freudentränchen verdrückt (das er sofort verschämt wegwischte).
Schnell wickelte er sich die Blindschleiche um den Hals und machte sich wieder auf den Weg. Er hoffte stark, dass sein Instinkt fortan eine bessere Streckenführung geplant hatte.
Tatsächlich kam es zu keinen weiteren nennenswerten Zwischenfällen. Einem Motorroller konnten sie spielend ausweichen, weil dieser so grossen Krach verursachte, dass sie ihn schon drei Strassen zuvor hörten. Und die Hunde im Tierheim am Stadtrand schlugen Alarm. Aber das taten sie auch, wenn die Blätter an den Bäumen raschelten.
Schon bald sah Walter den Bauernhof Werdenberg, von dort war es nicht mehr weit bis zum Wald.
"Ich finde, wir sollten einen Kondolenzbesuch abstatten", schlug Susy vor, als sie beim Hühnerstall vorbeikamen. Walter hatte ihr von der okkultischen Schlachtorgie erzählt. Ihr Mitleid mit dem armen Huhn war sehr gross.
Walter muffelte zwar ein wenig, solche Mitleidsbekundungen waren gar nicht sein Ding. Susy zuliebe willigte er aber ein.
Walter trippelte also die Hühnerleiter empor, die aber - krachbumm - unter seinem Gewicht zusammenbrach. Schuld daran musste Susy sein; ohne sie als Halsschmuck hatte er die Leiter bisher ohne Probleme gemeistert.
Jetzt lag er im Hühnerdreck, die erschrockene Susy um den Hals, und wimmerte. Sein Steissbein! Mindestens viermal verstaucht!
"Argghh", machte er. So ein Scheisstag! Scheissnacht! Scheissleben!
Hätte Susy ihm nicht liebevoll den Hals gestreichelt, Walter wäre hier und jetzt aus lauter Trotz extra gestorben.
So aber rappelte er sich auf und hinkte und humpelte dem Wald zu.
Endlich stand er unter den ersten Eichen und Buchen. Und fühlte sich gleich etwas besser. Endlich wieder im Wald! Bald konnte er sich in seinem Bau auf den Laubrest werfen und schlafen, schlafen, bis zur übernächsten Nacht.
Vorher aber machte er mit Susy einen Abstecher zum Kirschbaum. Dort schoppte er sich zehn Kirschen aufs Mal ins Maul und mampfte, dass der Dachsbart nur so zitterte.
Susy, nicht faul, tat es ihm gleich. Vier ganze Kirschen verschlang sie und sah danach aus wie eine Perlenkette. Ihre schlanke Linie war runiniert, bis die Kerne verdaut waren. Aber Walter fand sie auch mit vier Bäuchen bezaubernd. Er legte sie um sich und trug sie in sein Heim. Es stank zwar immer noch ein bisschen nach Robidogsäckcheninhalt. Aber Walter drapierte sich einfach Susy auf die Nase und atmete durchs Maul.
So flätze er sich auf das trockene Laub und schlief. Dass er aus seinem weit geöffneten Rachen nicht nur ein arges Geschnarchel ertönte, sondern auch ein Geiferfaden lief, sah nur Susy. Und die störte es nicht.

Sonntag, 15. Mai 2011

Pfui, Hund!

Ein Zwergmops namens Winnie-Puh
zerkaute Lillis Winterschuh.
Denn Lillis Füsse rochen stark
nach verdautem Himbeerquark.

Ins Leder schlug er seine Beisser,
danach hatte er
äh. Bauchweh.

Dienstag, 15. Februar 2011

Moussaka-Massaker

En Mantel us Moussaka
Het d’Haselnuss hüt agha.
De ischere so guet gschtande
Dass die xamti Niederlande
Au sones Ding het welle
pschtelle.

Doch ufem Fäld mit Oberschiine
Het’s es paar Personemiine.
Drum sind Moussakamäntel tüür
Ungfähr so wie Oot Gottür.
Es würd zum s’Bütsche schpränge
länge.

De Nuss isch das grad pfiifegliich
Sitt si gerbt hed, isch si riich!
Ihre n‘Unggle, en Oberschiinepacker,
Isch explodiert zmitzt ufem Acker.
D’Nuss dänkt: „Memento mori,
gopfertori.“

Sonntag, 13. Februar 2011

Der gute Bürger wird zum Würger

Der gute Bürger holt das Couvert mit leichtem Grauen aus dem Briefkasten. Der gute Bürger platziert das Couvert mitten auf dem Esstisch, wo es vorwurfsvoll zwei Tage liegt. Kaum aber ist der Sonntagabend angebrochen und damit alle Wochenendaufgaben abgeschlossen, öffnet der gute Bürger das Couvert. Er nimmt die Steuererklärung (geschätzte zehn Seiten inklusive Einzahlungsschein mit Platz für ungefähr einem mehrstelligen Millionenbetrag) und breitet sie auf dem Wohnzimmerboden aus. Fein säuberlich. Die Anleitung, die in diesem Falle Wegeleitung heisst und leider nichts mit Wegweisung zu tun hat, blättert der gute Bürger natürlich durch. Leider hat sich gegenüber dem Vorjahr ausser dem Titelbild nichts verändert: Sie bleibt unbrauchbar und umgeht gekonnt die wirklich wichtigen Fragen.
Wohlgemut, weil er sich so rasch dazu aufgerafft hat, beginnt der gute Bürger, die wesentlichen Zahlen einzufüllen. Zögerlich macht er dies, bei jeder zweiten Zahl könnte er theoretisch auch eine andere hinschreiben.
Zu guter Letzt nimmt er sich das Wertschriftenverzeichnis vor und erlebt eine Überraschung. Im Gegensatz zum Vorjahr, als noch Platz war für rund zwanzig Konten, herrscht jetzt ein Gedränge wie in einem Pendlerzug. Gerade mal acht (in Zahlen: 8) verschiede Konten dürfte der gute Bürger heuer besitzen. Dabei ist der gute Bürger doch auch ein guter Bankkunde! Und hat also ein Mieterkautionkonto, rund sechs Spar- und Pirvatkonten bei diversen Geldinstituten, Vorsorgesäulekonten, Aktien und Strategiefonds und papipapo. Alles empfohlen und angeraten.
Gut, ein weiteres Wertschriftenverzeichnis muss her. Das geht heute theroretisch per Mail. Leider, leider ist das Formular auf der Homepage des Steueramtes praktisch aber falsch programmiert. Zwar verlangt es die Angabe von PLZ/Ort, aber! Platz ist nur für sechs Zeichen. So wird das Antragsformular nicht akzeptiert, nein! Zurück an den Gutbürger!
Und was macht dieser? Genau: Er holt sein Sturmgewehr aus dem Kasten, das er seit heute mit gutem Gewissen immer noch dort aufbewahren kann, und
wünscht, er wäre ein bisschen mehr Rebell und weniger gut.
(Natürlich hat der Gutbürger kein Gewehr. Aber theoretisch hätte es ja sein können.)

Dienstag, 1. Februar 2011

Mit dem Fels kam die Brandung

Schläfrig lag sie auf dem Liegestuhl am Beckenrand und liess sich von der Sonne wärmen. Als sich das schlurfende Geräusch zweier Flipflops näherte, blinzelte sie nur träge. Ein Zwei-Meter-Mann blickte in den Pool, entledigte sich den Flipflops, holte Anlauf und machte direkt vor ihr eine Arschbombe ins Wasser.

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