Zum Glück reden wir noch

Dienstag, 15. April 2014

Beim Take away (1)

"Ich hätte gerne einen Kaffee. Aber haben Sie auch welchen anderer Herkunft?"
"Alle Sorten sind vom gleichen Lieferant, glaube ich."
"Ich meine doch den Ursprung! Das kann ja fast nicht sein, dass alle Sorten vom gleichen Ort kommen."
"Woher möchten Sie ihn denn?"
"Einfach nicht aus Afrika! Ich will die Regimes dort nicht unterstützen!"
"Ah, ähm, Regimes? Naja, jedenfalls können Sie in dem Fall bei uns alle Sorten haben, alle sind aus Südamerika!"
"Wieso schreiben Sie dann bei allen Togo drauf?"

Freitag, 28. März 2014

Auf der Brücke (1)

Ein Hallenbad, ein Bergrestaurant und ein Mischwald sitzen auf einer hohen Brücke und wollen sich gemeinsam in den Tod stürzen.
"Ich glaube, das ist wirklich das Beste. Seit ich an dieser Krankheit leide, werde ich von Rehkitzen kahlgefressen. Ausserdem muss ich mir den ganzen Tag die Meckereien von Hundehaltern anhören. Und die Hunde jaulen und kläffen noch mehr als sonst. Mir langt's wirklich."
"Das kann ich nachvollziehen. Mit meiner Krankheit bin ich auch nicht besser dran: keifende Mütter, tadelnde Bademeister, heulende Kinder, ausgerissene Haare ü-b-e-r-a-l-l können einem auch das Leben vermiesen..."
"Genauso wie meuternde Wanderer, die bestenfalls ihre schmutzigen Schuhe an meinem Teppich abstreifen und erbost wieder abziehen, machen auch keine Freude. Und der Wirt ist ständig auf Lauerposition, ob nicht doch einer auf dem Bänkli vor der Tür Platz nimmt und sich ein Schluck aus der Feldflasche gönnt...Ich möchte hier und jetzt mein Leben beenden."
"Vielleicht sollten wir uns noch überlegen, was auf unseren Grabsteinen stehen sol?"
"Da gibt's nicht viel zu überlegen. Bei mir: Hier ruht das Bergrestaurant, leidend sein halbes Leben lang an Konsumzwang."
"Bei mir: Hier ruht das Hallenbad, leidend sein Leben lang am Badekappenzwang."
"Und bei mir: Hier ruht der Mischwald, leidend sein halbes Leben lang am Leinenzwang."
Die drei stellen sich auf das Brückengeländer und sehen ins schwarze Nass tief unter ihnen.
Da hören sie ein verzweifeltes Rufen.
"Hallo, hallo", keucht ein Mensch heran. "Ich suche Wasser! Schnell!"
"Wieso brauchen Sie denn Wasser?"
"Ich leide unter Waschzwang! Schnell!"

Mittwoch, 19. März 2014

Im Fitnessshop (12)

"Haben Sie da eine Beule am Fuss?"
"Nein, das ist ein Schrittzähler! Kann ich Ihnen nur empfehlen, schauen Sie!"
"Ich bin eigentlich ein Velofahrer..."
"Nein, nein, schauen Sie! Wir haben zehn Sorten! Diverse Designs! Und Zusatzfunktionen, da möchte man - "
"...davonlaufen?"
"Haha, Spassvogel! Wirklich absolut toll! Damit gehe ich täglich weiter als vorher!"
"Und wenn Sie zu weit gehen, wird das auch angezeigt?"
"Nein, das nicht - mehr ist mehr, schritttechnisch gesehen! Im Schnitt ist jeder Schritt eine Minute länger Leben!"
"Grossartig. Ich finde es jetzt schon recht lang..."
"Hier haben wir einen, der könnte zu Ihnen passen! Schauen Sie!"
"Ich brauche aber keinen!"
"Dochdoch, so besteigen Sie theoretisch den Mount Everest und sind live dabei! Jeder Schritt zählt!"
"Ich habe öfters das Gefühl, am Abgrund zu stehen..."
"Sie werden zum Fan, ich bin sicher! Wollen Sie mal einen anprobieren? Hier mit extraelastischem Band!"
"Das bringt doch nichts...ich bin viel zu alt für solchen Kram!"
"Mit jedem Schritt werden Sie jünger! Sicheeer! Aber für ältere Personen haben wir hier sogar noch ein Spezialmodell!"
"Zählt der extra langsam? Oder doppelt?"
"Nein, den können Sie als Herzschrittmacher verwenden, falls Sie bei einem Spaziergang kollabieren! Super, odeeer? Soll ich Ihnen denen grad anziehen?"
"He, lassen Sie die Finger von meinem Schritt!"

Montag, 17. März 2014

Am Telefon (4)

"Wegen diesem Story Board... wir wären an einer Mitarbeit Ihrerseits sehr interessiert!"
"Aha. Können Sie mir noch kurz erzählen, was Sie unter einem Storyboard verstehen?"
"Ah, das macht sich halt Gedanken zur strategischen konzeptionellen Ausrichtung und so."
"Gut, wenn das so einfach ist, dann mache ich da gerne mit."
"Wir würden dann einfach gegen aussen nicht ihren Namen verwenden."
"Ähm, und wieso?"
"Naja, wir würden dann den von Ihrem Vorgesetzten verwenden..."
"Aber er ist ja gar nicht in diesem Storyboard drin!"
"Schon, aber dafür ja Sie! Und gegen aussen macht sich das einfach besser."
"Aha."
"Aber das dürfen Sie jetzt nicht falsch verstehen!"
"Nein, sicher nicht. Schliesslich legen sich nur die wirklichen Könner einen Decknamen zu..."

Samstag, 15. März 2014

In der Kantine (4)

"Sag, haben sie jetzt endlich das Flugzeug gefunden?"
"Nö, es scheint fehlgeleitet zu sein."
"Ah. So fühl ich mich manchmal auch... aber das heisst, kein Absturz?"
"Kaum, die Trümmer hätte man doch schon längst gefunden. Sie haben etwas von einer Entführung gesagt..."
"Aber inzwischen muss es ja irgendwo gelandet sein!"
"Ja, nur, wo? So ganz unbemerkt?"
"Da gibt's schon eine Möglichkeit... auf einem Schweizer Militärflugplatz nach Büroschluss!"
"Stimmt! Hoffen wir, es waren nicht massenhaft Ausländer an Bord."

Montag, 10. März 2014

Auf der Strasse (11)

"Sie hat jetzt einen Hoppsbock!"
"Einen was??"
"Hoppsbock! Oder Hoppsböcklein, es ist ja nicht so gross."
"Ähm, ich dachte, sie könne fast nicht mehr laufen?"
"Ja, klar, mit 89! Da läufts bei dir wahrscheinlich auch nicht mehr von allein!"
"Und statt zu laufen hoppst sie jetzt also? Blicke nicht durch."
"Sie hoppst nicht, sie schlurft. Aber das Böcklein hoppst!"
"Hä? Du meinst jetzt aber nicht ein Geissböcklein oder so?"
"Nein, halt so ein Rollator ohne Räder. Den muss sie bei jedem Schritt vorwärtshoppsen lassen."
"Mit anderen Worten: Wenn man schon fast nicht mehr laufen kann, dann kann man es sich ja auch extra schwierig machen."
"He, ich hab die Hoppsböcke nicht erfunden!"
"Ich glaube, die heissen Gehrähmen."
"Ein sehr dummer Name. So schön sind die alten Stumpenbeine ja auch nicht, als dass sie nach einem Rahmen schrien."
"Wenn wir es jemals so weit schaffen, verlange ich eine Rikscha."

Dienstag, 4. März 2014

Vor der Kirche (1)

"Wenn ich an Gott glaubte, ich sähe ihn als Personalchef vor mir!"
"Hm, wieso meinst du? Er war doch eher der Hirte!""
"Vergiss es. So wie seine Gesandten hienieden die Lebensläufe pimpen, muss es so ein HR-Heini sein!"
"Aber das war doch ein schöner Lebenslauf vorhin!"
"Ja, eben. Kein Wort von der dreissigjährigen Alki-Karriere, kein Wort zur Zweitfrau in Thailand..."
"Das kann man doch nicht in der Abdankungsrede erwähnen!"
"Siehst du? Ein Hirte hätte auch ein schwarzes Schäfchen in seine Obhut genommen, ein Personalfritz wirft ungeschönte Lebensläufe mit Lücken - zack - in den Papierkorb."
"Die Hölle mit einem Papierkorb gleichzusetzen finde ich jetzt etwas blasphemisch..."

Dienstag, 11. Februar 2014

In der Apotheke (1)

"Guten Tag, ich hätte gerne etwas prophylaktisches."
"Um was geht es denn?"
"Ähm...ich werde wahrscheinlich inkontinent!"
"Oh. Haben Sie schon Anzeichen?"
"Nein, das nicht. Aber ich fürchte, wenn es ernst wird mit meiner Aufgabe, kann ich womöglich nicht ganz dicht halten..."
"Ja, das ist natürlich unangenehm..."
"Eben! Stellen Sie sich vor, da tröpfelt es durch und hier beginnt es zu rinnen... wenn ich dereinst voll ausgeschöpft werden sollte, kann ich wirklich für nichts mehr garantieren!"
"Sie tun mir wirklich leid... lassen Sie mich überlegen... Vorbeugemassnahmen bei Inkontinenz wären etwa Beckenbodenübungen..."
"Entschuldigung, aber ich bin ein Kontingent! Ich habe keinen Beckenboden!"
"Das ist mir schon klar. Ich habe halt noch nie ein Kontingent beraten... Oder warten Sie - da war mal was! Die Milchkontingentierung suchte auch einmal Rat. Aber bei der war eher Verstopfung und Gewichtszunahme infolge der Butterberge das Problem..."
"Also, das schliesse ich bei mir aus! Wie gesagt, ich befürchte eine leichte Undichtigkeit.."
"Inkontinenz entsteht vor allem durch zu wenig Spannkraft und Widerstandsfähigkeit... vielleicht sollten Sie es mit einer Schutzweste versuchen?"
"Ah, ja. Das klingt nicht schlecht. Bei Angriffen von Lobbyisten aller Art könnte so ein Mäntelchen durchaus von Nutzen sein."
"Möchten Sie ein grünes? Das würde bestens zu Ihrem braunen Teint passen."
"Doch, das gefällt mir. Insbesondere das Feigenblättchendesign ist recht hübsch."
"Gerne. Und wissen Sie - ohne Ihnen nahe treten zu wollen - aber vielleicht erübrigt sich Ihr Problem von allein. Die Milchkontingentierung segnete auch bald wieder das Zeitliche und durfte ihre Probleme frühzeitig abgeben."
"Dann bestehen ja noch Hoffnungen."

Mittwoch, 5. Februar 2014

Im Büro (8)

"Sag, darf ich dich zu meinen Xing-Kontakten hinzufügen? Ich brauche in meinem Netzwerk noch eine alte, fette Spinne."

Sonntag, 2. Februar 2014

Auf der Strasse (10)

"Entschuldigen Sie, aber was machen Sie da?"
"Ich lege mir Steine in den Weg, das sehen Sie doch!"
"Ja, aber wieso denn?"
"Erschwernisse gehören zum Leben! Durch Krisen und Steine wird man zur Persönlichkeit!"
"Ja, aber doch nicht durch selbstgemachte!"
"Jetzt verderben Sie mir nicht den Tag!"
"Das will ich doch gar nicht, im Gegenteil! Ich finde Ihre Aktion eigentlich recht klug!"
"Ah. Sie soll aber nicht klug, sondern beschwerlich wirken!"
"Nein, wirklich - stellen Sie sich vor, es gibt ein Unwetter, der See tritt über die Ufer, die Strassen sind überschwemmt! Dann sind Sie der Einzige, der trockenen Fusses nach Hause gehen kann!"
"Äh...verflixt, das habe ich nicht bedacht! Unbeschwert nach Hause hüpfen, während alle anderen ums Überleben kämpfen und ihre Charakter stärken! Das geht auf keinen Fall!"
"Soll ich Ihnen helfen, die Steine wegzuräumen? Es beginnt zu regnen..."
"Ah, ähm, also. Aber bitte lassen Sie einen auf meinen Fuss fallen."

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